Sagen und Märchen aus dem Spessart

Der Spessart ist weithin bekannt für seine Sagen, Geistergeschichten und Märchen. Der wichtigste historische Bericht über den legendären Johann Georg Faust, Namensgeber des sprichwörtlichen Faustischen Handels, kam 1506 in die kleine Spessartstadt Gelnhausen. Die Brüder Grimm verbrachten ihre Jugend in den 1790er Jahren im nahen Steinau an der Kinzig.

Obwohl sie ihre weltberühmte Märchensammlung „Grimms Märchen“ erst 1812 und nach ihrem Umzug nach Kassel zusammenstellten, fanden regionale Sagen aus ihrer Kindheit Eingang in diese Sammlung.

So könnte das Märchen von Schneewittchen seinen Ursprung im Spessart haben, wobei die Stadt Lohr als Heimat und Inspiration für die Hauptfiguren und Elemente wie den Zauberspiegel eine wichtige Rolle spielt. Die sieben Zwerge, die in der Geschichte auftauchen, sind demnach in Wirklichkeit verkrüppelte Bergleute aus der Region Bieber.

Auch der Einsatz von Kindern im Bergbau auf engstem Raum und die ungesunden Arbeitsbedingungen führten dazu, dass mittelalterliche und frühneuzeitliche Bergleute oft verkümmert oder anderweitig missgebildet waren. Die lokale Glasproduktion könnte die Inspiration für den Glassarg im Märchen gewesen sein.

Auch andere beliebte Figuren der deutschen Folklore tauchen in den Sagen der Region auf. Im Gegensatz zu der Version der Gebrüder Grimm ist Mutter Hulda, die in mitteldeutschen Märchen häufig vorkommt, aufgrund des ländlicheren, prekären Lebens der Spessartbewohner eine sehr viel brutalere und undurchschaubarere Figur, die zuweilen sogar Menschen tötet. Eine ähnliche weibliche Erscheinung ist die Aaleborgfraale (regionaler Dialekt für „Altenburgerin“), die von den Einheimischen besonders gefürchtet und verehrt wird.

Die beliebteste Geschichte handelt davon, dass sie in der sagenumwobenen Altenburg eine vergrabene Schatztruhe bewacht, die nur gehoben werden kann, wenn man während des Vorgangs absolut still ist. Wer dies nicht tut und die Holzkiste öffnet, findet keine Schätze, sondern sieht das erschütternde Bild der Aaleborgfraale, die aus der Kiste steigt. Wie bei Mutter Hulda soll die Figur auf die vorchristliche Zeit der Bronzezeit zurückgehen.

Viele der weniger bekannten Spessart-Sagen, die bis heute überliefert sind, hat der Heimatlehrer und Volkskundler Valentin Pfeiffer (1886-1964) gesammelt. Sein Buch „Spessart-Sagen“ wurde 17 Mal nachgedruckt.

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